Fledermäuse

Körperbau

Im Vergleich zu vielen anderen Säugetieren sind Fledermäuse eher klein. Flughunde gehören zu den größten Vertretern dieser Familie. Sie können eine Flügelspannweite von 1,7 m bei einem Gewicht von 1,5 kg aufweisen (z.B. Pteropus vampyrus). Die kleinste Fledermaus und gleichzeitig eines der kleinsten Säugetiere überhaupt ist dagegen die Hummelfledermaus (Craseonycteris thonglongyai). Mit einer Flügelspannweite von 13 cm und einem Gewicht von nur 1,7 g ist sie gerade etwas größer als ein menschlicher Daumennagel. Übrigens ist es unwahrscheinlich, dass sich noch kleinere Säugetiere als die Hummelfledermaus entwickeln werden. Grund dafür ist, dass kleine Tiere im Verhältnis zu ihrem Körpergewicht eine sehr große Körperoberfläche besitzen, über welche sie Körperwärme und damit Energie verlieren.

Flügel

Eines der charakteristischsten Merkmale bei Fledermäusen sind die Flügel. Diese sind aus den Säugervorderbeinen entstanden und weisen daher noch alle Skelettbestandteile dieser Vorderbeine auf. Auffällig sind die enorm verlängerten Mittelhandknochen, welche dazu dienen, die Flughäute zu stabilisieren (Abbildung 1). Nur beim ersten Finger, also dem Daumen, fand keine Verlängerung der Knochen statt. Er kann als einziger Finger frei bewegt werden. Die Flughaut selbst besteht aus zwei Hautschichten und verbindet den Körper mit den Händen, Fingern und Füßen. In dieser Flughaut befinden sich Blutgefäße, Nerven, Sinneszellen sowie Bänder und Muskeln. Sie wird von den Extremitäten der Fledermäuse in verschiedene Bereiche unterteilt. Der Teil, der zwischen dem 5. Finger und dem Rumpf liegt und das kleine Stück Flughaut in der Nähe der Schulter tragen das Gewicht des Körpers während des Fluges. Die Flughaut zwischen den Fingern bis zur Flügelspitze dient dem Vorwärtsantrieb des Tieres während des Fluges. Zwischen den Beinen und dem Schwanz spannt sich bei vielen Fledermausarten die Schwanzflughaut, welche sehr wichtig für den Beutefang sein kann, aber auch andere Funktionen wie z.B. das Abbremsen im Flug übernehmen kann. Für ihre optimale Funktion ist es wichtig, dass die Flughaut nicht austrocknet. Daher bemühen sich Fledermäuse, sie über Sekrete aus dem Mundbereich feucht und geschmeidig zu halten.

Für die Flügelbewegung bildeten Fledermäuse im Laufe der Entwicklung eine so starke Schultermuskulatur aus, dass sie von den 20 Muskeln, welche normalerweise in der Säugetierhand vorkommen, nur noch sieben benötigen, wodurch sie ein enormes Gewicht einsparen können. Wenn das Tier in Ruhe ist, sind die Flügel zusammengefaltet. Flughunde und Hufeisenfledermäuse umwickeln dabei häufig ihren Körper mantelartig mit den Flügeln.

Beine

Die Beine von Fledermäusen sind klein, dünn und nicht besonders muskulös. Einzigartig für Säugetiere ist jedoch, dass sie um 180° gedreht sind. Ihre Knie zeigen also nach hinten! Dies erleichtert Fledermäusen sowohl die Steuerung des Fluges als auch ihre ungewöhnliche Schlafstellung mit dem Kopf nach unten. Auch das Beinskelet und die Hüfte sind an die hängende Haltung der Fledermäuse angepasst. Diese Stellung der Beine macht eine krabbelnde Fortbewegungsweise allerdings schwer und nur wenige Fledermäuse sind gut zu Fuß. Dabei stehen die Beine beim Krabbeln seitlich unter dem Körper hervor, wie bei einem Reptil.

Da Fledermäuse kleine Tiere mit einem typischerweise sehr hohen Stoffwechsel sind, müssen sie sehr auf ihren Energiehaushalt achten. Deshalb ist es wichtig, dass sie beim bloßen Hängen im Quartier möglichst wenig Energie verbrauchen. Ähnlich wie bei Vögeln, die sich ohne Kraftanstrengung am Ast festhalten können, haben Fledermäuse einen Mechanismus entwickelt, durch den sie kopfüber hängen und sich mit angezogenen Zehen festkrallen können, ohne dafür Muskelkraft aufwenden zu müssen. Dieser sogenannte Sehnen-Verschlussmechanismus wirkt so gut, dass selbst tote Tiere noch monatelang in ihrem Quartier hängenbleiben können, ohne herunterzufallen.

Gesicht

Die Gesichter und Ohren von Fledermäusen weisen eine erstaunliche Formenvielfalt auf. Viele Fledermäuse haben fleischige Hautanhängsel an Nase und Mund. Diese können in Form und Größe stark variieren und Strukturen von Blättern (z.B. bei den Blattnasenfledermäusen) oder Hufeisen (bei den Hufeisennasenfledermäusen) ähneln. Diese sogenannten Nasenaufsätze erfüllen wichtige Funktionen für die Echoortung und damit für die Orientierung der Tiere (siehe Kapitel Echoortung).

Das Hören ist für einen Großteil der Fledermäuse eine der wichtigsten Sinneswahrnehmungen. Daher sind die Ohren für Fledermäuse wichtige Körperteile, besonders, wenn sie sich wie die meisten Arten akustisch über Echoortung orientieren und auf diese Weise auch ihre Beute erjagen. Dies kann man an der prominenten Stellung der Ohren in vielen Fledermausgesichtern erkennen. Manche Fledermäuse, z.B. das Braune Langohr (Plecotus auritus), haben ungewöhnlich lange Ohren. Diese stellen eine Anpassung an die Ernährungsweise dar, da Langohren darauf spezialisiert sind, ihre Beute über deren Raschelgeräusche in der Vegetation und am Boden zu finden. Ein genauerer Blick in die Ohrmuschel vieler Fledermausarten lässt erkennen, dass sich dort Falten und Einkerbungen befinden, die eine wichtige Rolle bei der Wahrnehmung der Echos der von den Tieren ausgestoßenen Ultraschalllaute spielen dürften. Viele Fledermäuse haben am Eingang der Ohrmuschel zudem ausgeprägte ohrdeckelartige Strukturen, die man je nach ihrer Lage als Tragus oder Antitragus bezeichnet (Abbildung 3). Diese knorpeligen Hautstrukturen sind entscheidend für das Lokalisieren von Objekten.

Das englische Sprichwort, „blind wie eine Fledermaus zu sein“, ist alles andere als zutreffend. Denn entgegen vieler Gerüchte sind Fledermäuse durchaus nicht blind und können schwarz-weiß sehen. Bei immer mehr, häufig nektarfressenden Fledermausarten wird zudem bekannt, dass sie auch im UV-Bereich sehen können.

Je nach Ernährungsweise der Tiere zeigen sich starke Abwandlungen in den Gesichtern und im Gebiss, die Anpassungen an die jeweilige Lebensweise der Tiere darstellen. So haben viele nektarfressende Fledermäuse langgezogene Schnauzen und extrem lange Zungen, um den Nektar in den Blütenkelchen zu erreichen. Übrigens haben sich auch die von den Fledermäusen bestäubten Pflanzen an ihre Bestäuber angepasst, wie man beispielsweise an ihren häufig sehr langen Blütenkelchen sehen kann. Das Gebiss nektarfressender Fledermäuse ist zudem oft stark reduziert. Fruchtfressende Fledermäuse dagegen haben ein Gebiss, welches an weiche Nahrung angepasst ist, was durch flache Höcker auf den Zähnen ersichtlich wird. Gebisse, die an Raubtiere erinnern, sind typisch für insektenfressende, aber vor allem auch für fleischfressende Fledermäuse, wie z.B. die mittel- und südamerikanische Große Spießblattnase (Vampyrum spectrum), welche Vögel bis zur Größe einer Taube erbeuten kann.

Innere Organe

Das Verdauungssystem von Fledermäusen ermöglicht eine rasche Passage der Nahrung. Dazu zählen typischerweise ein relativ großer Magen und ein daran anschließender relativ kurzer Darm. Das Herzkreislaufsystem dieser Tiere ist auf Hochleistung ausgelegt. Das Fledermausherz ist deutlich größer als die Herzen anderer gleichgroßer Säugetiere. Zudem hat das Fledermausblut einen enorm hohen Gehalt an roten Blutkörperchen, welche den Sauerstoff im Körper transportieren. Auch die Lungen der Fledermäuse sind wesentlich effektiver in der Gewinnung von Sauerstoff als die Lungen aller anderen Säugetiere. Dies ist besonders im Flug wichtig, wenn der Körper einen besonders hohen Sauerstoffverbrauch hat.