Fledermäuse

Flug

Obwohl mehrere Säugetiere die Fähigkeit haben zu gleiten, sind Fledermäuse die einzigen Säugetiere, welche die Fähigkeit entwickelt haben, aktiv zu fliegen. Der aktive Flug ist innerhalb der Wirbeltiere unabhängig voneinander nur bei Vögeln, Flugsauriern und eben Fledermäusen entstanden. All diese Tiergruppen nutzen für den Flug ihre Vordergliedmaßen, die allerdings stark unterschiedlich vom ursprünglichen Vorderbein abgewandelt worden sind. Während es sich bei Vögeln um Armflügler handelt, die zum Fliegen ihre Federn benötigen, handelt es sich bei Fledermäusen um Handflügler, woher auch der wissenschaftliche Name Chiroptera herrührt. Die Flugfähigkeit wird im Falle der Fledermäuse über eine zwischen den Extremitäten aufgespannte Flughaut gewährleistet.

Die Form der Flügel ist entscheidend für die Flugfähigkeiten der Tiere. Grundsätzlich kann man die Fledermäuse anhand ihres Flugverhaltens in zwei verschiedene Grundtypen einteilen. Fledermäuse mit breiten Flügeln zeichnen sich durch einen besonders wendigen aber langsamen Flug aus. Ein Beispiel für diesen Flugtyp ist die Kleine Hufeisennase (Rhinolophus hipposideros), welche mit ihren extrem breiten Flügeln und ihrem geringen Gewicht durch sehr dichte Vegetation fliegen kann und im Rüttelflug Insekten vom Boden wegfangen kann. Lange und schmale Flügel dagegen deuten auf einen schnellen Flug hin. Beispiele hierfür ist der Große Abendsegler (Nyctalus noctula), welcher schnell und hochfliegend ist.

Gemessen wird die Flügelform über das sogenannte Seitenverhältnis und die Flächenbelastung. Das Seitenverhältnis wird berechnet, indem man das Quadrat der Flügelspannweite durch die Flügelfläche teilt. Für die Flächenbelastung teilt man das Gewicht der Fledermäuse durch die Flügelfläche. Grundsätzlich gilt: Je breiter die Flügel desto beweglicher aber auch langsamer ist die jeweilige Fledermausart.

Im Vergleich zu Vögeln (der Stachelschwanzsegler Hirundapus caudacutus kann 170 km/h erreichen) ist die Fluggeschwindigkeit der meisten Fledermäuse relativ klein. So fliegt die schnellste Fledermaus in Europa, die Langflügelfledermaus (Miniopterus schreibersii), meist nicht schneller als 50 bis 55 km/h. Neue Studien aber zeigen, dass Fledermäuse bisher unterschätzt wurden und einzelne Arten wie die Mexikanische Bulldoggfledermäuse (Tadarida brasiliensis) auch Spitzengeschwindigkeiten erreichen können, die mit 160 km/h mit denen der Vögel zu vergleichen sind. Mehr jedoch als für ihre Schnelligkeit sind Fledermäuse für ihre außerordentliche Wendigkeit bekannt. Verantwortlich dafür sind die vielen Muskeln, die am Flug beteiligt sind. Fledermäuse sind fähig, sehr schnell zu beschleunigen und zu bremsen. Diese Flugakrobatik kommt ihnen nicht nur bei der Jagd zugute, sondern auch bei der Landung. Um zu landen, müssen ihre Füße nach oben zeigen, was durch eine starke Drehung des Körpers kurz vor der Landung erreicht wird.

Viele Fledermäuse sind zum sogenannten Rüttelflug fähig, bei welchem die Tiere kurzzeitig in der Luft stillzustehen scheinen. Diese Form des Fluges, die auch bei einigen Vogelarten (z.B. Kolibris) und Insekten beobachtet werden kann, ist allerdings energetisch sehr kostspielig. Nur Arten mit niedriger Flächenbelastung, d.h. einem bezogen zur Flügelfläche geringen Gewicht sind zum Rüttelflug fähig. Um so viel Energie wie möglich zu sparen haben Fledermäuse den Flügelschlag, die Atmung und die Echoortung gekoppelt. Daher geben sie ihre Echoortungsrufe gleichzeitig mit dem Abwärtsschlag des Flügels ab.

Viele Fledermausarten sind daran angepasst, große Gewichte zusätzlich zu ihrem eigenen Körpergewicht zu tragen. Dies betrifft bei fleischfressenden Arten in erster Linie große Beutetiere, die nach dem Fang in die Nachtquartiere der Fledermäuse mitgenommen und erst dort in Ruhe gefressen werden. Außerdem müssen die Weibchen vieler Arten ihre Jungtiere während des Fluges tragen, um ein neues Tagesquartier zu besiedeln. Es ist nicht selten, dass Mütter mit Jungtieren fliegen, die 50 % oder mehr ihres eigenen Körpergewichts aufweisen. Auf den Jagdflug nehmen die Mütter die Jungtiere dagegen nicht mit, da es die Manövrierfähigkeit der Mutter zu stark einschränken würde.